In Ostwestfalen-Lippe werden rund 20.000 Unternehmen bis zum Jahr 2024 eine Nachfolgelösung finden müssen. Eine frühzeitige und konsequente Vorbereitung der Unternehmensnachfolge wird jedoch nach wie vor von einer Vielzahl der betroffenen Unternehmer vernachlässigt. Neben den betriebswirtschaftlichen und persönlichen Weichenstellungen bedarf es insbesondere auch einer sorgfältigen rechtlichen Vorbereitung, damit die Übertragung eines Unternehmens – meist der wesentliche Vermögenswert eines mittelständischen Unternehmers – ohne größere Reibungsverluste vollzogen werden kann.
An dieser Stelle sollen keine konkreten Lösungsansätze für eine Unternehmensnachfolge beschrieben sondern der betroffenen Personenkreise für die bevorstehenden Probleme sensibilisiert werden. Vergegenwärtigt man sich nämlich, dass vor einer jeden individuellen Beratung zwingend die nachfolgend nur exemplarisch angeführten Fragestellungen zu beantworten sind,
1. | Wie viele Kinder sind vorhanden? Wie alt sind sie? Wer besitzt die fachliche Kompetenz, um das Unternehmen weiterzuführen? |
2. | Ist der potentielle Erblasser verheiratet? War er früher verheiratet? |
3. | In welchem Güterstand leben die Ehegatten? |
4. | Liegen bereits letztwillige Verfügungen (Testament, Erbvertrag) vor? |
5. | Wie setzt sich das Vermögen, welches vererbt werden soll, zusammen? Wie sind die Wertverhältnisse? Insbesondere: gehört zu dem zu vererbenden Vermögen personengesellschaftsrechtliche oder kapitalgesellschaftsrechtliche Beteiligungen? Wie sehen die letzten Fassungen der dazu gehörigen Gesellschaftsverträge aus? |
wird klar, dass allgemeine Patentlösungen nicht angeboten werden können, sondern eine sinnvolle Beratung nur unter Berücksichtigung der Vorgaben des konkreten Einzelfalles möglich ist.
Allzu häufig wird mit der Unternehmensnachfolge zu lange gewartet, sodass die fehlende Planung sich sowohl zivil- als auch steuerrechtlich schädlich auswirken kann. Mangels anderweitiger lebzeitiger oder letztwilliger Verfügungen fällt das Unternehmensvermögen in den Nachlass. Bei mehreren Erben besteht dann die Gefahr, dass eine kaum handlungsfähige Erbengemeinschaft entsteht, die mit einem Streit über das Unternehmenserbe leicht die Existenz des Betriebes bedrohen kann. Aber auch in den Fällen, in denen der betroffene Personenkreis rechtzeitig Maßnahmen für eine vermeintlich reibungslose Unternehmensnachfolge getroffen hat, zeigt die Praxis, dass dabei allzu häufig steuerrechtliche Erwägungen im Vordergrund gestanden haben. Diese führen dann nicht selten dazu, dass eine ausgewogene Verteilung des Vermögens nach den Vorstellungen des potentiellen Erblassers nicht erreicht wird. Folge einer solchen „steuerlastigen“ Nachfolgeplanung sind wiederum häufig erbitterte Zivilprozesse, bei denen die Gefahr besteht, dass diese letztlich zu Lasten des Unternehmens und damit zu Lasten der Arbeitnehmer dieses Unternehmens gehen. Auch wenn eine zutreffende Gestaltung der Gemengelage von Erbrecht, Gesellschaftsrecht, Erbschaftssteuerrecht und Ertragssteuerrecht Rechnung tragen muss, bleibt es dabei, dass letztlich der Wille des übertragenden Unternehmers bei der Wahl der Gestaltung entscheidend zu berücksichtigen ist.
Die Planung der Unternehmensnachfolge bieten einen willkommenen Anlass über die Rechtsform des Unternehmens und die Möglichkeit von gesellschaftsrechtlichen Optimierungen, bspw. durch Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung oder Formwechsel nach dem Umwandlungsgesetz, nachzudenken. Insbesondere das Umwandlungsgesetz bietet eine Reihe von interessanten Möglichkeiten steuerneutral von der einen Gesellschaftsform in eine andere zu wechseln, Betriebe in mehrere selbständige Gesellschaften aufzuspalten oder Teilbetriebe gesellschafts- und damit auch haftungsrechtlich zu verselbständigen. Der Unternehmer kann so bereits frühzeitig die Voraussetzungen schaffen, um Teile seines Unternehmens als rechtlich selbständige Einheiten an die jeweils von ihm auserwählten Nachfolger zu übertragen.
Des Weiteren bietet sich in einem früheren Stadium der Planung der Unternehmensnachfolge die Rechtsform der stillen Gesellschaft an.
Die stille Gesellschaft wird zwischen dem Inhaber eines Handelsgeschäfts und dem stillen Gesellschafter begründet. Dieser erbringt an den Inhaber eine Einlage und wird dafür am Gewinn und – im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung – Verlust des Inhabers beteiligt. Eine Eintragung der stillen Gesellschaft in das Handelsregister erfolgt grundsätzlich nicht. Einkommensteuerrechtlich bezieht der stille Gesellschafter Kapitaleinkünfte, soweit nicht seine Rechtstellung weitergehend der eines Kommanditisten angeglichen wird mit der Folge, dass gewerbliche Einkünfte zu versteuern wären (sogenannter atypisch stiller Gesellschafter).
Die stille Beteiligung braucht sich nicht auf die Gewinnbeteiligung zu beschränken. Der stille Gesellschafter kann sich im weiten Umfang am Geschäft des Unternehmers beteiligen. So ist neben der unabdingbaren Gewinnbeteiligung eine Beteiligung am Verlust, an den Anlagewerten, an den offenen und stillen Rücklagen oder an einem etwaigen Geschäfts- und Firmenwert zu denken.
Bei der stillen Gesellschaft handelt es sich also um einen äußerst variablen Gesellschaftstyp, der im Wege der vertraglichen Gestaltungsfreiheit den jeweiligen Bedürfnissen stufenweise angepasst werden kann. Durch entsprechende Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag kann die stille Gesellschaft – beschränkt auf das Innenverhältnis – den handelsrechtlichen Personengesellschaften weitgehend angenähert werden. Aber auch eine Annäherung an die Körperschaften ist möglich, indem ihr im Innenverhältnis eine körperschaftliche Fassung gegeben wird.
So kann von einer anfänglich nur finanziellen Beteiligung im Wege der Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters allmählich auf eine Beteiligung am Verlust und den Anlagewerten, den offenen und stillen Rücklagen sowie dem Geschäfts- oder Firmenwert übergegangen werden. Bis dann letztlich auch etwaige Geschäftsführungsbefugnisse auf den stillen Beteiligten – jedoch jeweils noch im Innenverhältnis – übertragen werden. So können die Fähigkeiten, Neigungen und Begabungen der potentiellen Nachfolger bestmöglich berücksichtigt werden, ohne dass diejenigen Familienangehörigen, die (zunächst) keinen Einfluss auf die Geschicke des Unternehmens nehmen sollen, finanziellen benachteiligt werden.
Zu einem späteren Zeitpunkt, wenn sich herauskristallisiert hat, wer das Unternehmen bestmöglich weiterführen kann, kann dessen stille Beteiligung dann in eine entsprechende – dann auch außenwirkungsbegründende – Beteiligung umgewandelt werden.
Foto: New Africa – stock.adobe.com
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